Tabubruch der Angst

    KOLUMNE:


    Jugend von heute

    Ängste! Sie sind wie Schatten. Verfolgen uns die ganze Zeit, manchmal sogar das ganze Leben. Teils gelingt es, diese abzulegen, doch werden sie automatisch durch neue ersetzt. In anderen Fällen wird man sie nie los, sondern sie verstärken sich nur noch, schränken ein, verändern, erschaffen sinnbildliche Chihuahuas, die bei jeder noch so kleinen Gefahr anfangen laut zu bellen, um sich selbst zu schützen. Ängste entfalten sich in allen Lebensbereichen und könnten unterschiedlicher nicht sein. So individuell wie jeder Mensch ist, so individuell sind dessen Ängste. Ängste spalten: Nationen, soziale Schichten, Generationen, Freunde, Familien. Ängste sind womöglich eines der mächtigsten Phänomene: universell, individuell, generationenübergreifend.

    Über seine Ängste zu sprechen hat etwas Beängstigendes an sich, man offenbart sein Innerstes. Vor allem deswegen spricht man viel zu selten im Alltag über Ängste und fühlt sich auch oft mit ihnen allein, obwohl man viele unbewusst mit seinen Mitmenschen teilt. Diese ‘gesellschaftlichen’ Ängste existieren aufgrund der menschlichen Natur. Eine dieser Ängste ist FOMO, die Fear-of-missing-out. Dieser Begriff hat sich in den letzten Jahren stark auf den sozialen Medien etabliert. Er beschreibt die Angst, der sich wohl viele Jugendliche während Corona stellen mussten: etwas zu verpassen. Aufgrund von Corona ging ein Teil der unbeschwertesten Zeit der Jugend verloren. Wie oft lag ich während Corona nachts wach, schaute mir alte Videos an und stellte mir vor, was ich in diesem Moment wohl genau machen würde, wäre Corona nicht gewesen. Vielen Jugendlichen ging es so wie mir und deswegen strömten auch nach Aufhebung des Kontaktverbotes Menschengruppen nachts auf die Strasse, um sich endlich wieder frei zu fühlen, endlich wieder jung zu sein. Doch nicht nur während Corona prägte diese Angst unser Leben, sondern eigentlich war diese Angst schon immer ein unbewusster Wegbegleiter.

    Jugend ist die Zeit der Entfaltung, der Veränderung. Jeder beginnt seinen eigenen Weg zu gehen, stösst auf Hürden und Sackgassen, überlegt sich manchmal sogar schon, an dem Punkt aufzugeben. Diesen Weg allein zu gehen, macht Angst. Der Gedanke verführt, die einfache Route zu nehmen und sich einfach an seine Freunde zu hängen. Bei der wichtigen Entscheidung, was man nach der obligatorischen Schule machen will, lies sich sicher jeder schon einmal von seinen Freunden unbewusst leiten und entschied sich für den Studiengang, den die Mehrheit seiner Freunde wählen würde, als den Weg zu gehen, den einen am meisten interessierte.

    Doch genau deswegen ist diese Angst so gefährlich, denn sie hindert uns daran, unabhängig zu werden. Sie trifft uns genau dort, wo es uns am meisten schmerzt: im Herz.

    Menschen sind Herdentiere und fühlen sich unter bekannten Menschen einfach am Wohlsten. Wenn wir mal nicht Teil der Gruppe sind, denken wir automatisch, dass man etwas verpasst und im Nachhinein vergessen wird, kein Teil mehr von ihr ist.

    Viele Jugendliche leben im Hier und Jetzt und geniessen den Moment, es fällt ihnen schwer an die Zukunft zu denken und so ihre Prioritäten langfristig zu setzen. Spass und Zugehörigkeit kommt vor beruflicher Karriere. Zwar ist diese Unbeschwertheit der Grundbaustein der jugendlichen Leichtigkeit, nach der so viele Erwachsenen streben, aber bei der Berufswahl nicht von Vorteil. «Leider ist das Leben kein Wunschkonzert, aber manchmal spielt das Leben trotzdem deinen Lieblingssong.» An dem müssen wir festhalten: an Momenten voller Glückseligkeit. Wir müssen aus ihnen Kraft schöpfen und an das Positive denken. Wir sollten uns viel eher von den gelungen, positiven Erfahrungen unseres bisherigen Lebens leiten lassen, als von den schlechten. Dabei sollten wir immer unseren eigenen Fähigkeiten vertrauen, denn diese sind unseren Ängsten immer überlegen.

    Herzlichst
    Lilly Rüdel

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